10.27.2005

Der Koffer und Weihnachten und sonnige Tage

Gestern und heute hatte ich um elf Uhr einen heileurythmischen Termin. Eine halbe Stunde dauern die Übungen, die ich mit meiner grandiosen Therapeutin, geführt durch ihr Sprechen der Buchstaben und Vormachen der Bewegungsabläufe, ausführe. Danach muss ich eine Viertelstunde ruhen, damit die Bewegungen wirken können „wie eine gute Tasse Tee, die man nach dem Zubereiten trinkt“, wie sie mir erklärte.

Gestern und heute machte ich lange Spaziergänge durch das sonnige, herbstliche Schwabing.


Unterwegs schaute ich mir im Kaufhof die Trolleys an. Seit Weihnachten bin ich auf der Suche nach so einem „spießigen“ „Nanny“-Koffer. Mein Rücken belohnt das Tragen meiner Reisetasche meistens mit Schmerzen; deshalb die Suche.

Es gibt Leute, die kaufen schon jetzt Weihnachtsgeschenke. Das würde ich auch gerne tun, aber ich habe keine Ideen und finde deshalb auch nichts. Oder finde ich deshalb nichts, weil ich noch keinen Koffer habe, der alles zu meinem weihnachtlichen Ziel transportieren kann?

Endlich lande ich im Florians in der Hohenzollernstraße. Ich trinke einen Milchkaffee, ein Glas Leitungswasser und esse eine halbe Avocado mit Shrimps und Salat, rauche eine Zigarette und lese danach die Zeitung:
Der Kaiser trifft den Papst, Doris Dörries neuer Film kommt heute in die Kinos, und die wunderbaren Geschichten auf Seite drei von den armen VW-Leuten.
Gerne lese ich auch die Traueranzeigen und vor allem die Geburtsdaten der Verstorbenen. Die Verstorbenen können nicht mehr im Florians frühstücken. Ich habe Glück!


Auf dem Rückweg biege ich in die Kaiserstraße ein. Freunde sollen dort ihren Laden, oder edler, ihr Geschäft, wegen der zu hohen Mieten, aufgegeben haben. Nun stehe ich davor.
Sie sind wirklich nicht mehr da.
An der Türe klebt dieser Zettel.





„Ich sollte heute endlich den Kofferkauf erledigen.“ Also gehe ich noch einmal zu den spießigen Rollkoffern. Es dauert lange, bis ich den leichtesten und trotzdem geräumigsten – meiner Meinung nach – gefunden habe, nach elf Monaten lustlosen Suchens. Kurz drauf, als ich meinen Koffer durch die Ungererstraße rolle denke ich: „Felipe könnte sich über ein Parfum freuen. Ich müsste nur noch rauskriegen, was für eines er mag; und Uschi? Vielleicht schenke ich ihr ein Buch, und Renate, und Stefan, und Quicky, und Sabine, und und und............................................“

Heute kommt im Ersten Harald Schmidt.